Akinda-Jahresrückblick 2022

Auch für akinda war 2022 ein besonderes Jahr. Der Beginn des Krieges gegen die Ukraine und die schon zuvor sehr hohen Einreisezahlen von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten führten zu einer Überlastung des gesamten Aufnahme- und Unterbringungssystems im Land Berlin. Zum Jahresende waren es insgesamt 3.209 unbegleitete minderjährige Geflüchtete, die 2022 neu nach Berlin eingereist waren – gegenüber 699 im Jahr zuvor. Das Land Berlin bat uns im Mai, schnellstmöglich unsere Kapazitäten für Vormundschaften wieder auszubauen. Akinda konnte so ab Sommer mit drei zusätzlichen Projektmitarbeiterinnen arbeiten und die Arbeit verstetigen. Ärgerlich dabei allerdings, dass das Land Berlin uns zu Jahresbeginn trotz des damals schon sehr hohen Bedarfs an Vormund:innen die akinda-Zuwendung um rund 50% gekürzt hatte. Nur dank vieler Spenden aus dem akinda-Netzwerk und durch zusätzliche neue private Fördermittel, u.a. Stiftung Markstein, UNO-Flüchtlingshilfe, Paritätischer Wohlfahrtsverband, konnten wir unsere Kernarbeit ohne wesentliche Einschränkungen fortführen. Hierfür noch einmal allen Unterstützer:innen vielen Dank! Mit der deutlich gewordenen massiven Überlastung der Amtsvormundschaften im Laufe des Jahres wurde die Bedeutung der ehrenamtlichen Einzelvormundschaften sichtbar, was auch zunehmend von Jugendämtern, Familiengerichten und der Senatsverwaltung anerkannt wird. Uns bestärkt die jetzt am 1.1.2023 in Kraft getretene Vormundschaftsreform: „Eine Person, die die Vormundschaft aus bürgerschaftlichem Engagement übernimmt, ist am ehesten in der Lage, Zeit und persönliche Zuwendung für den Mündel aufzubringen und daher von besonderem Wert für ihn“ heißt es in der Gesetzesbegründung und untermauert diesen Anspruch mit einer Reihe von Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass künftig weit mehr Vormundschaften als bisher durch Ehrenamtliche geführt werden.

Im November haben wir mit einem Fest im Haus der Demokratie und Menschenrechte unser 25jähriges Bestehen gefeiert. Seit 1997 konnten wir über 1.000 ehrenamtliche Vormundschaften für Minderjährige aus über 30 Herkunftsländern begleiten! Auf der Feier haben wir unseren neuen akinda-Erklärfilm für Jugendliche vorgestellt, der in sieben Sprachen die ehrenamtliche Einzelvormundschaft erläutert und hier abgerufen werden kann. Weiterer Höhepunkt der Feier war die Präsentation unserer neuen akinda-Broschüre „Begegnungen- Ehrenamtliche erzählen von ihren Vormundschaften für junge Geflüchtete“. Die Broschüre versammelt 10 Begegnungen und Erfahrungen, die ehrenamtliche Vormund:innen gemacht haben und die ihnen tiefe Einblicke in zuvor fremde Lebenswelten eröffnet haben. Die Broschüre kann per Mail bei akinda kostenlos bestellt werden: akinda@xenion.org

Die Gesamtzahl der von akinda betreuten Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Geflüchtete konnten wir 2022 um 60% steigern! Die Hälfte der Minderjährigen stammt aus Afghanistan, ein Zehntel aus Syrien, die anderen verteilen sich auf weitere 11 Herkunftsländer.

46 unbegleitete Kinder und Jugendliche haben wir 2022 neu kennengelernt und in unser Vermittlungsproramm aufgenommen, 11 mehr als im Vorjahr. Mit 95 neuen interessierten Ehrenamtlichen haben wir 2022 Infotelefonate geführt und hiervon 68 Personen nach einem persönlichen Eignungsgespräch neu in unser Netzwerk aufgenommen. Bei vier Schulungsdurchgängen mit je 5 Abenden haben wir den Ehrenamtlichen die Grundlagen des Vormundschaftsrechts, des Jugendhilfesystems und des Asyl- Aufenthaltsrechts vermittelt. Besondere Bedeutung hat die Schulung zur Prävention sexualisierter Gewalt, da unbegleitete Minderjährige besonders gefährdet sind und häufig bereits auf der Flucht Gewalt erfahren haben. Dank an Wildwasser und die Berliner Jungs, die jetzt schon seit einigen Jahren diese Schulung immer wieder sehr praxisorientiert für uns durchführen.

Persönliche Beratung sowie Fortbildung der Ehrenamtlichen ist neben der Vermittlung der Vormundschaft eine unserer weiteren wesentlichen Aufgaben. Wir haben in 499 Beratungsgesprächen die Vormund:innen in den Bereichen Asyl- und Aufenthaltsrecht, der Bildungsplanung, der Unterbringung, der Gestaltung des Überganges in die Volljährigkeit, Wohnungssuche und Suche nach Ausbildungsmöglichkeiten unterstützt. Auch bei pädagogischen Fragestellungen sowie bei gesundheitlichen Themen wie psychischer Instabilität, Traumatisierung beraten und begleiten wir unsere Vormund:innen engmaschig. Mit individuellen Problemlösungen, Vertraulichkeit, aber auch schneller Handlungsfähigkeit in akuten Problemlagen geben wir unseren Vormund:innen Rückendeckung und Sicherheit und tragen so zu Stabilität und Kontinuität der Vormundschaften bei. Auf Weiterbildungen haben wir zur Alterseinschätzung bei jungen Geflüchteten, der aktuellen Situation der afghanischen Geflüchteten, dem Umgang mit Behörden und Bürokratie Wissen vermittelt und - in Kooperation mit Reach Out - einen Workshop Rassismus erkennen und reflektieren durchgeführt. Im Juni fand – zum zweiten Mal im Wilmersdorfer „Haus der Nachbarschafft“ - unser Sommerfest statt und ab Herbst haben wir zudem wieder unseren monatlichen Jour fixe – dem monatlichen offenen Austauschtreffen für Ehrenamtliche - in Präsenz aufgenommen.

 

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25 Jahre akinda – 25 Jahre Engagement für unbegleitete minderjährige Geflüchtete